Sonntag, 9. Dezember 2012

Elizabeth von Arnim #02 - Adventslektüre


Tusche & Aquarell (Ink & Watercolor)
Elizabeth von Arnim (1866-1941) paßt ganz vorzüglich zu einem geistig-anregenden und gleich-zeitig entspannenden Adventstee. Die Kosmopolitin (und Mutter von 5 Kindern - aus erster Ehe mit dem Preussen Henning von Arnim) geboren in Australien, lebte in London, auf einem Gut in Pommern, im Wallis (Schweiz), Italienische Reviera, an der Côte d'Azur und in den USA. Sie war die ältere Cousine der Schriftstellerin Katherine Mansfield und eine leidenschaftliche Gärtnerin und emanzipierte sich schon vor über 100 Jahren und schaffte dies mit viel Humor, ironischem Scharfsinn und Witz! :-)
Mit ihren  sturen  "adligen Ehemännern" (sie heiratete in den "Adelsstand" ein, zwei Versuche unternahm sie) - hatte sie kein Glück. Danach kamen zwei große Lieben, der Schriftsteller H.G. Wells und schließlich Alexander Stuart Frere, der 30 Jahre (dreißig!) jünger war. Sie selber war zu dieser Zeit 54 J. und noch "offiziell" verheiratet! Biographien berichten, daß sie in diesem Alter noch mädchenhaft jung wirkte. Die stürmische Affäre (1920) war - aufgrund des doch recht großen Altersunterschiedes  - zwar schnell vorbei, jedoch blieben die Beiden lebenslang Freunde. Ihre Erfahrung mit Alexander nützte die kreative Elizabeth prompt für ein neues Buch mit dem deutschen Titel "Liebe"(1925). Natürlich wie immer voller Ironie und Situations-komik. Ein ganz süßes Buch! Seufz... und zum Brüllen komisch...:-)

Die Beiden (Christopher & Catherine) lernen sich im Theater kennen, es wird gespielt die "Unsterbliche Stunde" - hier eine kleine Kostprobe:
"(...) Sie war ganz klein; ein zierliches Persönchen, mit einem kleinen Hut, den sie nie abnehmen mußte, weil kaum je einer hinter ihr saß, und selbst mit einem großen Hut hatte sie jedenfalls nicht die Statur, die einem die Sicht versperrt. Immer derselbe Hut; niemals ein anderer oder ein anderes Kleid. Obwohl das Kleid hübsch war, sehr hübsch sogar, hatte er irgendwie den Eindruck, vielleicht weil sie immer dasselbe trug, daß sie nicht sehr gut gestellt war; und irgendwie spürte er auch, daß sie älter war als er - nur ein bißchen älter, überhaupt nicht der Rede wert; und bald darauf merkte er, daß sie verheiratet war. (...) Doch vielleicht stimmte es ja garnicht. Sie war immer allein. Wenn es Ehemänner gab, tauchten die früher oder später auch auf. Kein Ehemann würde eine derart reizende Gattin abends allein ausgehen lassen, fand er. Ja, er irrte sich wahrscheinlich. Er wußte nicht viel von Frauen. (...)."    

und noch ein Schmankerl:
Christopher's Busenfreund Lewes macht sich ernsthafte Sorgen um den verliebten Zustand seines jüngeren Freundes und sinniert:
"(...) Das schlimmste daran ist (...), daß Freunde in solchen Fällen nur zuschauen können. Nichts war zu tun, als hilflos zuzuschauen, so hilflos, wie neben einem Sterbebett. Und nicht einmal, sagte er zu sich selbst, mit der Hoffnung auf eine sichere und glorreiche Auferstehung, die solche Zuschauer manchmal aufrecht 
erhält (...)"             


GOUACHE  auf Karton
Ihr wirkliches Glück hatte die erfolgreiche Bestseller-Autorin jedoch in einem Garten auf einem pommerschen Gut gefunden, welchen sie nach ihren Träumen anlegte und was sie mitreißend in ihrem ersten Buch "Elizabeth und ihr Garten" beschreibt. Ein Glück welches sie später nie wieder finden sollte - nicht an der Italienischen Reviera und auch nicht in ihrer repräsentativen Villa an der Côte d'Azur. Bemerkenswert ist aber, daß Elizabeth selbst im südfranzösischen Idyll seismografisch das drohende politische Unheil in Europa rechtzeitig spürte und ihren Töchtern im Mai 1939 in die USA folgte. Darauf komme ich in späteren Posts nochmals zurück. 


Für mich persönlich ist Elizabeth von Arnim viel mehr, als "nur" eine hervorragende Schriftstellerin, denn der Lektüre ihrer amüsant-geistreichen (und oft frechen!) Formulierungen habe ich es zu verdanken, daß ich mich nach einer längeren, recht trübsinnigen und ziemlich schlaflosen Zeit wieder richtig entspannen konnte! Es kam eine intensive Zeit, da ging ich regelmäßig und freudig mit  Elizabeth früh ins Bett :-) ... (mit ihren Büchern natürlich!) ... und mußte vor dem Einschlafen, anstatt mich nur endlos herumzuwälzen und zu grübeln, i.d. Regel schallend und anhaltend lachen - relaxter kann niemand einschlafen und aufwachen. Was hier doch wieder zeigt, daß gute Bücher alles andere als "lebensfern" sind, sondern vielmehr pure Lebenshilfe sein und neue Lebensfreude schenken können und speziell ist der Beweis erbracht, daß es eine Frau ist, die hier einen Mann aufmuntert. 
Von wegen "schwaches" Geschlecht! :-)

Sie gehört zu denjenigen, die ich immer wieder zeichnen und malen möchte  
(in der Hoffnung, daß die Portraits mit der Zeit immer besser, lockerer und "lebendiger" werden). Ein "gezeichnetes Dankeschön" für die Vertreibung düsterer Stimmungen und die Wiederentdeckung kindlicher Freude an Blumen, der Natur, Landschaft, verspielter Träumereien und vorallem des Lachens!

Elizabeth liebte nicht nur ihren Garten und ihre Hunde, sondern lebenslang auch Hüte. Nicht irgendwelche Hüte, sondern ausgefallene, große, auffallende Hüte (vor allem sog. "Florentiner Hüte", die machen Frauen superschick - ich liebe diese Hüte und dazu stilvoll ein "Rüschenkleid" - z.B. so ) und dies bedeutet natürlich für mich: Kein Elizabeth-Portrait ohne Hut! :-) 
Das Problem ist, daß es von Elizabeth nur wenig anschauliche Fotos gibt  (ganz im Gegensatz zu Marilyn Monroe!). Die wenigen Fotos sind oft sehr kleinformatig, unscharf und schwarz-weiß. Deshalb muß ich mich als Zeichner mit vorhandenen alten Fotos begnügen und mit Hilfe von Phantasie und zeichnerischer Erfahrung die Portraits vollenden. Für obige Portrait-Skizzen hatte ich keine bestimmte Foto-Vorlage zur Verfügung. Ich studierte ihr Gesicht lange bei diversen kleinen Fotos und entwickelte daraus die Portraits. Die Pose, die Blickrichtung, ihr Rüschenkleid und natürlich der Hut (!) sind frei erfunden! :-)  


Die Autorin Annemarie Stoltenberg schreibt sehr treffend über Elizabeth:
"(...) Menschen zu erheitern ist meist viel schwieriger, als sie zum Weinen zu bringen. Mit den Jahren hat sich erwiesen, daß diese so zerbrechlich wirkende Kunst ihrer Erfinderin ähnelt. Sie ist zäher, widerstandsfähiger und kräftiger, als man bei der zierlichen Bauweise annimmt. Es sind originelle Gesprächsangebote noch heute oder heute wieder. Unwiderstehlich, wenn man sie einmal kennengelernt hat. Tröstlich und erheiternd. Immer wieder findet man wundervolle kleine Lebenshilfen für sich versteckt in ihren Büchern. Raffinierte kleine Ausgänge aus einem Dickicht von lauter öden Alltagszwängen. Gedanken, die geeignet scheinen, sich münchhausenartig aus dem Schlamassel zu ziehen. Es ist einfach unverwüstlich jener Funken Entschlossenheit darin verborgen, der uns einen verdorbenen Tag retten kann." 
Quelle: Nachwort zu Elizabeth von Arnim "Anna Escourt", Ullstein-TB, 2. Auflage 1997        


Marianne Flassbeck stellt in ihrem Buch  
"Gauklerin der Literatur - Elizabeth von Arnim und der weibliche Humor" fest: 
"Mit hintergründigem Humor mischte sich Elizabeth von Arnim schon zur Jahrhundertwende ein in die Geschlechterdebatte. Respektlos opponierte sie gegen alle nur denkbaren Autoritäten - besonders gegen die rationale (männliche) Vernunft. Aber auch Themen wie Ehe, Alter oder Mutterschaft blieben nicht verschont - und ihre Romane sind bis heute verblüffend aktuell.
Wortspielereien, witzige Übertreibungen, schlagfertige Dialoge und intuitive Komik, aber auch provokativer Witz, groteske Parodie und schwarze Ironie - 
Marianne Flassbeck zeigt in ihrer literaturwissenschaftlichen Analyse der Werke "Elizabeth und ihr Garten", "Verzauberter April","Vera" und "Liebe" die Besonderheiten dieses weiblichen Humors.
Ein *weibliches Lachen, das sich - wie nebenbei - gegen männliche Ordnungen stellt und einen anderen (weiblichen) Sinn entwirft."
(* und einen Mann wie mich begeistert!).


Maria Frisé schreibt in der FAZ  über "Elizabeth und ihr Garten"
(ihr erstes Buch, 1898, das sie aus naheliegenden Gründen anonym veröffentlichte!):
"Was die Aufzeichnungen der Elizabeth von Arnim so reizvoll macht, ist der respektlose Freimut, mit dem sie über ihren Ehemann, die bornierten Standesgenossen und die lästigen Dauergäste herzieht. Besonders gefallen hat es wohl den Leserinnen*, daß hier männlicher  Dünkel und männliche Herrschsucht einfach hinweggelacht werden."    
(* und mindestens einem Leser!)


Nanu, gibt es hier keine Rezensionen von Männern? 
Tja, offensichtlich, es war nichts zu finden - und falls doch, dann haben sie sich gut versteckt - ich weiß auch nicht was mit den Jungs los ist...:-)




Elizabeth 1916
 


Buchtipps zum Warmlesen:
"Elizabeth und ihr Garten", "Einsamer Sommer", "Der Garten der Kindheit", "Elizabeth auf Rügen",  "Verzauberter April", "Eine Reisegesellschaft" , "Liebe"
(wobei ich natürlich alle ihre 22 Bücher empfehlen kann. Übrigens vergißt man in ihren Büchern sehr oft, daß sie schon vor 100 Jahren geschrieben wurden - sie wirken zeitlos-modern!)  
       

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