Sonntag, 16. März 2014

Lou Andreas-Salomé - Über Frauen-Biografien


"Warum wissen wir nichts Besseres, als nur Ritter zu sein, oder Liebhaber oder Herr? Vergessen haben wir, daß wir ihr (der Frau) Bruder sind"  aus: Lou Andreas-Salomé  "Rodinka - Russische Erinnerungen"



Bleistift - Pencil (21 x 15cm) - ca. 20 Minuten ;-)


"(...) denn sie war nicht nur eine sehr geistreiche und intelligente, sondern auch eine schöne Frau. Sie war groß und schlank und hatte so strahlend blaue Augen, daß Helen Klingenberg sagte, "wenn Lou ins Zimmer trat, ging die Sonne auf". 
Ihr silberblondes Haar (später heißt es, "lockeres, blondes Haar mit rötlichem Schimmer", ich muß mich auf eine Haarfarbe einigen, denn es gibt nur Schwarz-Weiß-Fotos), ihre kleine Stupsnase, vor allem ihr weicher, klar ausgeprägter, eigenwilliger Mund (hier ist der Zeichner gefordert!) faszinierten alle die ihr begegneten. Ihr Charme und die Austrahlungen ihres Geistes weckten in den Männern, die sie liebten, schöpferische Kräfte. Einer ihrer Bewunderer sagte, Lou knüpfe eine leidenschaftliche Beziehung zu einem Mann an, und neun Monate später bringe der Mann ein Buch zur Welt " -  oder ein Portrait... ;-)               

aus:  
H.F. Peters  LOU ANDREAS SALOME
Das Leben einer außergewöhnlichen Frau (Heyne-Sachbuch 1962)


Lou Andreas-Salomé
Zu der mir vorliegenden lebendigen Biografie über Lou:
Der Autor ist ein Mann, ein amerikanischer Literaturprofessor deutscher Herkunft, der sehr fundiert recherchiert hatte und noch lebende Zeitzeugen interviewen konnte. Er schreibt sachlich mit Fußnoten und vielen Zitaten und voller Empathie für Lou und gerät einerseits ins Schwärmen, andererseits stört mich, daß er ihr "Liebesleben" teilweise zu sehr in den Fokus rückt. Das hat etwas von Voyeurismus und für die meisten Männer (vielleicht sogar auch Frauen?) ist es offensichtlich schwer verständlich, wenn eine Frau - trotz erotischer Ausstrahlung - sich nicht gleich die Kleider vom Leib reißt und sich einem Mann ergebungsvoll zu Füssen wirft. - 

Wenn sie diesbezüglich "nicht funktioniert"...und bist du nicht willig...oder sonst nicht ins Schema F paßt, wird sie eben pathologisiert. 

Seine Rückschlüsse leuchten mir deshalb nicht immer ein, aber insgesamt gefällt mir diese Biografie.



Sympathisch in Heinz F. Peters Biografie ist mir seine Widmung:
DIESES BUCH WIDME ICH 
MEINER LIEBEN FRAU HELGA 


Garnicht gefallen hatte mir aber die Biografie "Marilyn Monroe - die Wahrheit über ihr Leben und Sterben" (1985) des Engländers Anthony Summers.
Keine Frage, das pralle Buch ist fleißig recherchiert, viele Fakten oder sog. "Fakten", Fußnoten, Zitate und Interviews mit Zeitzeugen - aber was für eine distanzierte Sprache. 
Die Biografie "lebt" nicht.
Ich mußte mich durch das Buch regelrecht quälen und oft packte mich die Wut. Keinerlei Empathie.
Stattdessen öfter Erstaunen oder Kopfschütteln über Marilyn und sonst so kühl, als wenn er eine Biografie über den neuesten "Cadillac Prototyp" geschrieben hätte. Jede Schraube seziert, ohne auch nur einen flüchtigen Blick ins Innere zu schaffen. Vielleicht sind aber auch "komplizierte" Frauen einfach nicht sein Metier....;-)

Der Titel der englischen Originalausgabe "Goddess" ("Göttin") erklärt aber alles. 
Eine "Göttin" kann auch niemand verstehen und schon garnicht kann man sich ihr nähern. Einer Frau aus Fleisch und Blut schon eher. Dazu noch das unglücklich gewählte Coverfoto (Marilyn mal wieder halbnackt), dabei gibt es von MM eine riesige Sammlung ausdrucksstarker "seriöser" Fotos. Sogar welche, die sie ungeschminkt mit Sommersprossen zeigen (ihre Fotografen berichten, daß sie von Kopf bis Fuß mit Sommersprossen übersät war)!

Sie würde sich in der Gruft herumdrehen, wenn sie davon wüßte. Sie wollte alles andere sein, als eine "Göttin", aber ernstgenommen werden, als Mensch, doch davon ist in dieser  "Cadillac-Biografie" - nach meiner Empfindung - wenig zu spüren. 


Schnelle Skizze - Tusche & Aquarell (Ink & Watercolor)
Nach meiner Auffassung sollte eine gute "Biografie" die vorgestellten Menschen beim Lesen "neu aufleben" lassen und mehr Verständnis bringen. Dies setzt aber eine Empathie voraus = "bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, Gedanken, Emotionen, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu erkennen und zu verstehen" (Wikipedia). 
In der erst genannten ("Lou") ist es gelungen, in der zweiten ("Marilyn") nicht. 

Der amerikanische Originaltitel von H.F. Peters "Lou-Biografie" lautet übrigens:
MY SISTER, MY SPOUSE  
("Meine Schwester, Meine Ehefrau")

Dies erklärt auch alles!

Hier ist ein alter  
Spiegel-Artikel (1965) zu dieser Biografie



Marilyn Monroe - Lou Andreas-Salomé - ich sehe teilweise Parallelen:

Zwei Frauen, sehr willensstark und von überdurchschnittlich, geistig-seelischer Tiefe. 
Beide schön, mit betörend erotischer Ausstrahlung und hochbegehrt von den Männern.

Aber:
Nur sehr schwer oder garnicht "zu haben". -
Die Vermutung liegt nahe, daß sie einerseits diese "geistig-seelische Tiefe" eben auch von den Männern einforderten und andererseits "auf gleicher Augenhöhe" ernstgenommen werden wollten und wo die Männer diese Ansprüche nicht erfüllen konnten oder wollten, waren die Frauen eben schnell wieder weg oder es fing erst garnicht "richtig" an. -

Früher bekamen Frauen, die man(n) nicht verstand, einfach den Stempel "Hysterie". 
Symptome: Geltungsbedürfnis, Egozentrismus und Bedürfnis nach Anerkennung. 

Noch früher - im Rahmen der Christianisierung - wurden sie "vom Teufel besessen":
"Therapie":-> Scheiterhaufen.

Auch der junge Freud ritt noch auf der Hysterie der Frauen herum, bis er diesen Begriff endlich reformierte. Heute gilt dieser Begriff freilich als nicht mehr political correct, aber das macht doch nichts, schließlich ist der "Mann von Welt" erfinderisch:
Frauen die nicht "richtig ticken", bekommen schnell die Diagnose "Borderline" (z.B. Wut, Angst, Verzweiflung) oder doch bitte wenigstens den Stempel "narzisstisch gestört" (z.B. Gefühle der Wut, Angst, Demütigung) und was "krank" ist, muß man(n) schließlich nicht richtig ernst nehmen. - 

Was bleibt, ist der zweifelhafte Ruf der "Femme Fatale" oder gar der "Hexe" -
so einfach kann man(n) sich diese Welt erklären. -


Epilog:
Vielleicht wäre aber ein erster Lösungsansatz dieses Dilemmas, wenn mehr Männer sich ebenso Freiheiten & Eigensinn herausnähmen. Emanzipation geht nur parallel. 
Denn, welcher brave, angepaßte, arbeitsame Mann, kann oder will schon mit einer kühnen, frechen Frau umgehen? Kein Mann will einen "Drachen" zuhause. Er wird sie kaum verstehen können, wenn er selber nur "pflichtbewußt & traditionell" denkt und lebt. Folgerichtig wird er von der Frau dasselbe fordern.

Würden aber mehr Männer sich - als pendant zu Pippi Langstrumpf (das stärkste Mädchen der Welt!) -  sich den "Michel aus Lönneberga" als Vorbild nehmen, könnten sich beide Geschlechter gleichzeitig emanzipieren, denn dies geht meiner Meinung nur gemeinsam - oder garnicht.

Interessant und geradezu lustig wäre es dann auch, als Mann zu beobachten, wie "starke Frauen" reagieren, wenn der Mann sich ebenso "cool" verhält - denn dann müssen sich Beide etwas ganz Neues einfallen lassen. Rien ne va plus - nichts geht mehr. 
Die Karten werden dann ganz neu gemischt - neues Spiel, neues Glück! 
Das wäre für mich echte Emanzipation!

Dazu mein historisches Lieblingsbeispiel:
Der freche und kühne Grüne Fürst Pückler hatte offenbar keinerlei Probleme mit Frauen - 
auch nicht mit den starken und emanzipierten - z.B. Bettina von Arnim , sie stand den Frühsozialisten nahe und kannte Karl Marx -
Pückler ging munter offen fremd - besser gesagt bekannt  - und blieb gleichzeitig lebenslang verheiratet. Er kehrte stets zu seiner Ehefrau zurück - und sie freute sich!;-)


Siehe auch diesen Link:
Wenn die Pippi mit dem Michel



...und jetzt zur Entspannung alle mitsingen ;-)



Ich habe alle Pippi Langstrumpf-Bücher und die Filme auf DVD und die sind regelmäßig in Gebrauch. Ein echter Schatz und kommt noch vor den "verkopften" Goethe, Schiller, Nietzsche, Shakespeare, Hesse & Co.  -                                                So, jetzt isses raus...;-)

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